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Bifurkationstheorie

Wenn $ F:\mathbb{R}^n\to\mathbb{R}^n$ ein stetiges Richtungsfeld ist, und $ o\in \mathbb{R}^n$ kein Gleichgewichtspunkt ist, dann ist der Fluß von $ F$ lokal equivalent zum Fluß eines konstanten Vektorfelds. Wenn nun das Richtungsfeld von einem oder mehreren reellen Parametern abhängt und diese Parameter Störungen unterliegen, dann ändert sich das lokale Verhalten qualitativ nicht, solange die Störung klein genug ist (solange nur das Richtungsfeld bei $ o$ nicht verschwindet).

Auch wenn $ o$ ein hyperbolischer Gleichgewichtspunkten ist, ist das lokale Verhalten unabhängig von kleinen Störungen. Das besagt der folgende Satz.

Satz 23   Es sei $ o\in \mathbb{R}^n$ , $ U\subset\mathbb{R}^n$ eine offene Umgebung von $ U$ , $ I\subset\mathbb{R}$ ein Intervall, welches 0 als inneren Punkt enthält, $ F:U\times I\to\mathbb{R}^n$ ein Richtungsfeld, sodaß $ o$ ein hyperbolischer Gleichgewichtspunkt des Richtungsfeldes bei 0 ist. Dann gibt es ein Teilintervall $ J\subset I$ , sodaß für alle $ \lambda\in J$ das Richtungsfeld bei $ \lambda$ wieder einen hyperbolischen Gleichgewichtspunkt besitzt. Dabei ist das qualitative Verhalten gleich dem des Gleichgewichtsounktes $ o$ im Richtungsfeldes bei 0 .

Beweis. Für $ \lambda\in I$ bezeichnen wir mit $ F_\lambda:U\to\mathbb{R}^n$ , $ x\to F(x,\lambda)$ das Richtungsfeld bei $ \lambda$ . Die Funktion $ F_0$ bildet den Punkt $ o$ auf den Nullpunkt ab und hat Jacobi-determinante ungleich 0 (da alle Eigenwerte Reilteil ungleich Null haben). Nach dem Satz über implizite Funktionen ist $ F_0$ ein lokaler Isomorphismus von einer eventuell kleineren Umgebung $ U'\subset U$ auf eine Umgebung $ V$ des Nullpunkts. Das Nicht-Verschwinden der Jacobi-determinante ist auch noch erfüllt für $ F_\lambda$ , falls $ \lambda$ nahe genug bei Null ist. Nach eventueller weiterer Verkleinerung der Umgebungen $ U'$ und $ V$ ist $ F_\lambda$ ein Isomorphismus von $ U''$ und $ V'$ , und das inverse Bild des Nullpunkts ist der einzige Gleichgewichtspunkt von $ F_\lambda$ in $ U''$ . Die Stetigkeit der Eigenwerte liefert den Rest der Behauptung. $ \qedsymbol$

Im Gegensatz dazu können nichthyperbolische Gleichgewichtspunkte durch kleine Störungen den Typ ändern, verschwinden, oder in mehrere Gleichgewichtspunkte ``aufspalten''. In der Bifurkationstheorie werden die Möglichkeiten untersucht, wie nichthyperbolische Gleichgewichtspunkte durch kleine Störungen beeinflußt werden.

Sattelknoten-Bifurkation:
$ F_\lambda(x_1,\dots,x_n)=(\lambda+x_1^2,x_2,\dots,x_n)$ . Für $ \lambda<0$ befinden sich in der Nähe von $ (0,\dots,0)$ eine Quelle und ein Sattelpunkt (bzw. Senke falls $ n=1$ ), für $ \lambda>0$ gibt es keine Equilibrien.
transkritische Bifurkation:
$ n=1$ , $ F(x,\lambda)=\lambda x+x^2$ . Hier gibt es für $ \lambda\ne 0$ zwei Equilibrien, eine Quelle und eine Senke, die beim Durchgang durch Null ``den Typ vertauschen''.

Graphische Darstellung von Bifurkationsdiagrammen im Fall $ n=1$ : In der $ (x,\lambda)$ -Ebene werden für jedes $ \lambda$ die hyperbolischen Gleichgewichtspunkte durch Kurven gezeichnet, wobei Senken als durchgehende Kurven und Quellen strichliert dargestellt werden.

Definition 19   Es sei $ U\subset\mathbb{R}^n$ offen. Es sei $ D\subset U$ eine kompakte Teilmenge von $ U$ mit glattem Rand. Ein stetig differenzierbares Vektorfeld $ F:U\to\mathbb{R}^n$ heißt strukturell stabil auf $ D$ , wenn es zu jedem ein-parametrigem differenzierbarem Vektorfeld $ \mathbb{R}\times D\to\mathbb{R}^n$ , $ (\lambda,x)\mapsto F_\lambda(x)$ ein $ \epsilon>0$ gibt, sodaß $ F$ auf $ D$ topologisch äquivalent ist zu $ F_\lambda$ für alle $ \lambda\in(-\epsilon,\epsilon)$ . Das heißt, es existiert ein Homöomorphimus von $ D$ nach $ D$ , der Orbits von $ F$ in Orbits von $ F_\lambda$ abbildet und die Pfeilrichtungen erhält.

Satz 24   Im Fall $ n=2$ ist ein differenzierbares Vektorfeld genau dann stabil, wenn alle seine Gleichgewichtspunkte und Zyklern hyperbolisch sind, und wenn keine homoklinen oder heteroklinen Orbits existieren.

Literatur:
[2, I.2,III.13.1]


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Josef Schicho 2016-01-17